Olivers Blog

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One mirror egg, please!

Mein erster Aufenthalt in den USA war 2013. Nach einer langen Reise und einer kurzen Nacht in unserem Hotel in Fort Lauderdale waren wir völlig erschöpft – und vor allem: hungrig. Also machten wir uns am Las Olas Boulevard auf die Suche nach etwas Essbarem und landeten schließlich im erstbesten Restaurant, das Frühstück anbot.

Die Karte war riesig, alles klang lecker und irgendwie vertraut. Ich hatte in der Schule und im Job schließlich genug Englisch gesprochen, um mich halbwegs sicher zu fühlen – wie viele deutsche Touristen auch.

Doch als die Kellnerin kam und ganz harmlos fragte: „How would you like your eggs?“, war es vorbei mit der Souveränität. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Klar war nur: Spiegelei heißt ganz sicher nicht „mirror egg“. Aber wie nennt man all die Eiergerichte, die uns im Deutschen so leicht über die Lippen kommen?

Und das war erst der Anfang – denn was ich bis dahin nicht wusste:
Frühstück ist in den USA eine Welt für sich.

Frühstück in den USA – oft ein bisschen üppiger, ein bisschen herzhafter

Ein klassisches deutsches Frühstück ist meist eher schlicht gehalten: frische Brötchen, Butter, Marmelade, ein paar Scheiben Käse oder Aufschnitt, vielleicht ein Ei, etwas Müsli oder Joghurt – und natürlich Kaffee oder Tee. Alles in allem eher leicht und kalt: ein Frühstück, das wach macht, aber nicht zu sehr belastet.

In den USA sieht das etwas anders aus – und dabei muss man unterscheiden, wo man frühstückt. Grob gesagt gibt es zwei Varianten:

1. Das einfache „Continental Breakfast“

Diese abgespeckte Version bekommt man häufig in günstigen Hotels oder Motels – oft sogar inklusive. Der Begriff klingt edel, beschreibt aber meist ein sehr überschaubares Angebot:

Ein bisschen Toast oder abgepacktes Brot, Marmelade, Erdnussbutter, eventuell ein hartgekochtes Ei oder ein Becher Joghurt. Dazu gibt’s fast immer einen Waffelautomaten oder Pancakes aus dem Spender – mit Sirup zum Selbstzapfen. Kaffee und Orangensaft stehen meist bereit.

Für viele Reisende reicht das völlig aus, andere werden davon nicht wirklich satt – vor allem, wenn man den Tag mit viel Bewegung plant.

Achtung bei Hotel-Buffets: Manche Hotels, gerade in der Mittelklasse, bieten ein geteiltes Frühstücksbuffet an – ein Teil ist inklusive, der andere kostet extra. Wenn man nicht genau hinsieht, kann das beim Auschecken teuer werden. Ich habe das selbst im Crowne Plaza Miami International Airport erlebt: Das Rührei stand verlockend direkt neben dem Toast – war aber nicht Teil des Gratis-Angebots.

Westside Lilos, Selligman, Arizona - an der Route 66
Westside Lilos, Selligman, Arizona – an der Route 66

2. Das „echte“ American Breakfast

Ganz anders sieht es aus, wenn man in einem Diner oder Restaurant frühstückt. Dort wird Frühstück großgeschrieben – wortwörtlich. Ketten wie Denny’s, iHop (International House of Pancakes) oder Golden Corral sind echte Frühstücksinstitutionen – teilweise rund um die Uhr geöffnet, mit riesiger Auswahl und unbegrenztem Kaffee-Nachschub. Auch kleinere, unabhängige Diners bieten oft liebevoll zubereitete Klassiker in gemütlicher Atmosphäre.

Serviert wird eine warme, herzhafte Mahlzeit: Eier in allen Variationen, knuspriger Bacon oder Sausage, dazu Toast, Biscuits oder English Muffins – und fast immer Frühstückskartoffeln in irgendeiner Form.

Sausage ist dabei nicht mit der klassischen Bratwurst zu verwechseln. Gemeint ist eine würzige Frühstückswurst, meist in flacher Patty-Form (ähnlich wie bei einem Hamburger) oder als kleine Würstchen, die an Nürnberger Bratwürste erinnern. Gewürzt wird kräftig mit Muskat, Salbei oder Pfeffer – die Konsistenz ist eher weich. Geschmacklich erinnert sie an eine Mischung aus Hackfleisch und Brühwurst, ist aber milder als viele deutsche Varianten.

Biscuits wiederum sind keine Kekse, wie der Name vermuten lässt, sondern weiche, buttrige Teigstücke, ähnlich wie luftige, nicht süße Scones. Sie werden meist warm serviert, halbiert und mit Gravy übergossen – einer hellen, sämigen Soße aus Milch, Butter, Mehl und oft kleinen Wurststückchen. Klingt für deutsche Frühstücksgewohnheiten ungewohnt, schmeckt aber überraschend gut.

English Muffins sind flache, runde Hefebrötchen, die quer halbiert, getoastet und leicht knusprig serviert werden. Sie sind etwas fester als normale Brötchen und bilden die Grundlage für viele Frühstücks-Sandwiches – oder für Eggs Benedict.

Eggs Benedict ist ein beliebtes und etwas feineres Frühstücksgericht, das aus einem halbierten English Muffin, belegt mit Schinken (oder manchmal Lachs), pochierten Eiern und einer großzügigen Portion Hollandaise-Soße besteht. Oft wird es noch mit Paprika oder Schnittlauch garniert – perfekt für alle, die morgens schon Lust auf etwas Besonderes haben.

Auch Frühstückskartoffeln gehören fast immer dazu: Besonders beliebt sind die Hash Browns – fein geraspelte Kartoffeln, in der Pfanne gebraten, bis sie außen knusprig und innen weich sind. Eine Art lockere Rösti ohne Ei oder Mehl. Alternativ gibt’s oft auch Home Fries – angebratene Kartoffelwürfel mit Zwiebeln und Gewürzen (manchmal auch als „cubed potatoes“ oder „country potatoes“ bezeichnet).

Und dann wären da noch die Pancakes oder Waffles mit Butter und Ahornsirup – oft direkt neben dem Bacon serviert. Klingt wild, ist aber erstaunlich lecker. Gerade die Kombination aus süß und salzig hat in den USA echten Kultstatus.

In besseren Dinern oder Restaurants gibt es außerdem frisches Obst, Joghurt, Oatmeal (Haferbrei) und allerlei Extras – von Avocado-Toast bis zu Eggs Benedict. Wer möchte, kann sich hier richtig austoben. Und satt wird man in jedem Fall.

Der Kaffee ist in amerikanischen Restaurants meist im Preis enthalten – und wird ständig nachgeschenkt, oft schon, bevor die Tasse leer ist.

„How would you like your eggs?“

Das ist der Moment, in dem viele zum ersten Mal ins Grübeln kommen. Eine scheinbar einfache Frage – und doch gar nicht so leicht zu beantworten, wenn man nicht genau weiß, welche Möglichkeiten es überhaupt gibt.

Die meisten Varianten, die du im Diner bestellst, fallen unter den Oberbegriff „fried egg“ – also ein Ei, das in der Pfanne gebraten wird. Doch „fried“ ist nicht gleich „fried“: Es kommt darauf an, wie lange das Ei brät und ob es gewendet wird.

Damit du beim nächsten Mal nicht ins Schwimmen kommst, kommt hier ein kleiner Überblick über die gängigen Varianten:

🍳 Die wichtigsten Zubereitungsarten für Eier in den USA:

  • Sunny side up (fried egg)
    Das klassische Spiegelei, wie wir es kennen: Nur von einer Seite gebraten, das Eigelb bleibt sichtbar und flüssig. Keine Umdrehung.
  • Over easy (fried egg)
    Wie sunny side up – aber einmal kurz gewendet. Das Eigelb ist innen noch weich und fließt beim Aufschneiden.
  • Over medium (fried egg)
    Etwas länger gebraten: Das Eigelb ist noch weich, aber nicht mehr ganz flüssig. Eine Art Mittelweg.
  • Over hard (fried egg)
    Komplett durchgebraten, auch das Eigelb ist fest. Eher was für Leute, die keine „Sauerei“ auf dem Teller wollen.
  • Scrambled
    Rührei. Oft mit Milch verrührt und ziemlich fluffig. Wer es weniger gestockt oder „dry“ mag, sollte das extra sagen.
  • Poached
    Pochiertes Ei – im heißen Wasserbad gegart. Sehr beliebt auf Eggs Benedict.
  • Boiled
    Gekochtes Ei – allerdings eher selten beim amerikanischen Frühstück. Wenn doch, dann meist hart gekocht.
  • Egg whites only
    Nur das Eiweiß, ohne Eigelb – beliebt bei Kalorienzählern und Fitness-Fans.

Wenn du beim nächsten Mal also im Diner sitzt und der Kellner fragt, wie du deine Eier möchtest:
Sag einfach „sunny side up“ oder „over easy“ – aber bitte nicht „mirror egg“!

Frühstück bei Westside Lilos, Selligman, Arizona - an der Route 66
Frühstück bei Westside Lilos, Selligman, Arizona – an der Route 66
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